TIGHTROPE_WALK II
Interaktives Online Environment, 17. Stuttgarter Filmwinter - Festival for Expanded Media, Wand 5, Stuttgart, 2004
TIGHTROPE_WALK ist eine Auseinandersetzung mit Ferne und Nähe, Weite und Enge, an den SCHNITTSTELLEN zwischen REALEN (physischen) und VIRTUELLEN (psychischen) WELTEN. Eine virtuelle Drehtür symbolisiert den scheinbaren Übergang zwischen sich überlagernden Bildwelten. Aus der Konfrontation mit den eigenen Grenzen, Ängsten und Zwängen sowie dem Wechselspiel von Grenzerfahrungen und -überschreitungen resultiert das Wissen, dass jede Grenze mindestens zwei Seiten hat. Im Brennpunkt des Geschehens sind die Ausstellungsbesucher/innen, welche selbst zum Ausgestellten werden. Das gegenseitige Beobachten, die Kommunikation untereinander sowie mit Usern, welche über das Internet Einfluss nehmen, treten in den Vordergrund und bilden die Grundlage der Auseinandersetzung.

Die Installation besteht aus einem 50 cm schmalen Rundgang, der über eine kleine Tür in der Frontseite der Konstruktion zu betreten ist. Die Proportionen des Ganges lassen ein Gefühl der Enge aufkommen und ein Durchkommen gerade eben möglich erscheinen. Die Vorderfront sowie das Innere des Ganges vermitteln einen klinisch, kühlen, perfekten Eindruck, die restlichen drei Außenwände verweisen auf die Kulissenhaftigkeit der Einbauten. Im Inneren erwartet den Besucher eine Auseinandersetzung mit dem Gefühl des Beengt- und Ausgeliefertseins und dem Wissen, dabei überwacht werden zu können - Situationen, welche man unter normalen Umständen weitestgehend vermeidet. Der Besucher entscheidet sich zwischen Zurückweichen oder Konfrontation. Befinden sich mehrere Personen gleichzeitig im Gang, ist Kommunikation mit den jeweils Anwesenden erforderlich, um gemeinsam durch den Gang zu navigieren und/oder wieder hinaus zu gelangen.

Vier Türspione sowie sechs über das Internet steuerbare Überwachungskameras ermöglichen, die Besucher innerhalb und außerhalb des Ganges aus sicherer Distanz zu beobachten. Über ein Texteingabefenster haben die User die Möglichkeit, das Geschehen zu kommentieren. Diese Äußerungen sind - transformiert durch Sprachsynthesizer- unmittelbar danach im Ausstellungsraum zu hören. Die Bilder der auf der Website ausgewählten, Kamera werden gleichzeitig auf die Frontseite der Installation projiziert. Die Schatten der Besucher verschmelzen mit den Projektionen zu einer gemeinsamen Bildebene. Das Betreten oder Verlassen des Ganges durch die "virtuelle Drehtür" bedeutet gleichzeitig das Hinein- oder Heraustreten aus einer Projektion.

Zwänge und Begrenzungen, die im physischen Raum (z.B. Gefühl der Enge, des Ausgeliefertseins, Probleme der Distanzierung etc.) auftreten, scheinen im virtuellen Raum des Netzes nicht zu existieren. Sobald Identifikation stattfindet, funktioniert der "VIRTUELLE BLITZABLEITER" mit Hilfe der eigenen Vorstellungskraft und den Erinnerungen des Körpers. Die Ausstellungsbesucher/innen, selbst die scheinbar Unbeteiligten, sind stets im Brennpunkt des Geschehens: als Handelnde, Beobachtende, Entschlossene, Unentschlossene ...
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